Die Rechte der Natur

von Karina Czupor (Nabu Niedersachsen)

Am 22. April letzten Jahres, dem Tag der Mutter Erde, wurde von der Initiative ,,Rechte der Natur” in einer Pressekonferenz vorgeschlagen, der Natur eigene Rechte im Deutschen Grundgesetz einzuräumen. Die weltweite Bewegung für die Rechte der Natur strebt an, Eigenrechte der Natur in den jeweiligen Rechtssystemen zu verankern. In den westlichen Kulturen hat sich früh eine Entfremdung von der Natur herausgebildet. In der bis heute vorherrschenden dualistischen Sicht auf die Welt gibt es Subjekte wie uns Menschen, die Rechte besitzen und Objekte wie die Natur, die rechtlos gestellt sind.

Die uns umgebende Welt wird dabei als Ressource gesehen, die dem Menschen zusteht und ausgebeutet werden kann. Untergang ganzer Ökosysteme, Artensterben und Erderhitzung sind die Folgen.

Die Existenz des Menschen hängt wesentlich mit der Existenz der Natur zusammen.

Naturschutzverbände sind in ihrer Arbeit täglich mit den Folgen dieser Sichtweise konfrontiert . Zwar gelingt es durch großes Engagement Schutzzonen einzurichten, Ausgleichsmaßnahmen zu erreichen oder Wiederherstellung zu erwirken, aber die Aktivitäten reichen nicht aus, um Artensterben und Erderhitzung zu verhindern.

Dieses selbstzerstörerische Verhältnis zur Natur ist dem Menschsein jedoch nicht zwangsläufig innewohnend. Viele indigene Völker erkennen, dass die Existenz des Menschen untrennbar mit der Existenz der Natur verbunden ist. Der Mensch wird hier als Teil der Natur gesehen und seine Mitwelt mit Dank und Respekt behandelt.

Wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigen die Verflochtenheit der Welt und allen Lebens.

Von der Symbiose zweier winziger Lebewesen wie einer Alge und einem Pilz bis hin zum Kreislauf des Kohlenstoffs durch Boden, Gesteine, Ozeane, Pflanzen, Tiere und Atmosphäre ist alles miteinander verbunden. Unser Rechtssystem entspricht bislang jedoch der anthropozentrischen Weltsicht und bildet weder diese Verbundenheit noch den Eigenwert der Arten auf diesem Planeten ab. Der Mensch allein ist Träger von Rechten und kann diese als ,,natürliche Person” vor Gericht geltend machen.

Auch Unternehmen, sogenannte ,,juristische Personen”, können durch ihre Vertreter eigene Ansprüche einklagen. Damit sind auch ökonomische Interessen geschützt.

Die Natur hingegen hat (noch)keine Eigenrechte.

Hier setzt die weltweite Bewegung für die Rechte der Natur an. Sie fordert,der Natur eigene Rechte zu geben und diese in der Verfassung zu verankern.Als erstes Land der WeIt nahmEcuador die Rechte der Natur in die Verfassung auf. Auf dieser Grundlage entschied das ecuadorianische Verfassungsgericht im Dezember 2021 in einem umfassenden Urteil, dass im Naturschutzgebiet Los Cedros kein Bergbau oder andere ‘ Extraktion stattfinden darf. In zahlreichen Ländern,auch in Europa, werden derzeit Anträge in die Parlamente eingebracht,mit dem Ziel, der Natur subjektive Rechte einzuräumen. In Bayern wurde das erste Volksbegehren gestartet (www.DubistdieEr.de). Die vorgeschlagene Grundgesetzänderung würde die bisherige Schieflage, zugunsten menschlicher, ökonomischer Interessen, korrigieren. Sie würde außerdem dazu führen, dass die Menschen ihre Beziehung zur Natur überdenken und neu zu verstehen versuchen. Daher stellt die Diskussion über die Rechte der Natur auch eine Chance dar, eine gefährdende Sichtweisen aufzubrechen.

Karina Czupor ist seit 2020 Mitglied im Netzwerk Rechte der Natur www.rechte-der-natur.de

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