Rechte der Natur – Tilo Wesche

Eine Buchbesprechung von Helmut Scheel

„Wem gehört die Natur?“, so überschreibt Tilo Wesche die Einleitung seines Buches „Rechte der Natur. Man meint, es sei eine einfache Frage, doch das ist sie mitnichten. Die Antwort hängt sehr stark von dem Kulturkreis ab, in welchem man lebt und/oder aufgewachsen ist.

Eigentum ist die zentrale Frage für den Professor der Praktischen Philosophie von der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg. Wesche schreibt: „Bei Fragen des Klima-, Arten- und Umweltschutzes ist das Eigentum der sprichwörtliche Elefant im Raum, denn die bestehenden Eigentumsrechte sind eine der Hauptursachen für die weltweiten Ökologiekrisen, werden aber kaum thematisiert.“ (S.23)

Der Autor geht im ersten Teil des Buches der „Natur des Eigentums“ nach und differenziert vier Eigentumsformen:  Privateigentum, Gemeineigentum, Öffentliches Eigentum und Natureigentum. Eigentum, so Wesche, charakterisiert, dass Eigentümer, im Rahmen des Rechts, das das Eigentum absichert, alles mit ihrem Eigentum machen können, was sie wollen und dazu gehört auch die Zerstörung.

Das erste Drittel des Buches, ist sehr theoretisch. Man fragt sich, was das alles soll, weil es nur wenig mit den Rechten der Natur zu tun haben scheint. Jedoch bildet dieser Teil die Basis, auf der die nachfolgende Argumentation aufbaut. Wesche nimmt hier bereits Aussagen vorweg, die er später erklärt und er bezieht sich später immer wieder auf die im ersten Teil gemachten Ergebnisse. Dies führt dazu, dass er aus meiner Sicht, seine Erkenntnisse immer wieder mit eigenen Erkenntnissen begründet, ohne sie durch weitere Belege abzusichern.

Im zweiten Teil geht Wesche dann zentral auf die Natur und ihre Rechte bzw. Nichtrechte ein. So ist die Ausbeutung von Rohstoffen ein zentraler Faktor für die Umweltzerstörung, welche durch die Eigentumsrechte erst möglich wird. Wer Land sein Eigen nennt, darf damit machen, was er will, dem Grund nach unter Beachtung der Gesetze. Da es in der Vergangenheit keine bis nur wenige Umweltauflagen gab, wurde die Natur in dem Masse zerstört, wie sie auch ausgebeutet wurde. Wälder wurden abgeholzt, bereits bei den Römern und damit weite Landstriche entwaldet und der Erosion ausgesetzt. Die Küstenregionen des Mittelmeeres legen noch heute Zeugnis davon ab. Andernorts wurden riesige Löcher zur Gewinnung von Rohstoffen wie Kohle, Diamanten oder anderer wertvoller Materialen gegraben und die Grundwasserströme gestört oder gar vernichtet. Ebenso verhält es sich mit Minen, welche stollenartig durch die Gesteine getrieben wurden. Die Folgen davon sieht man z.B. im Ruhrgebiet, das wegen Setzungen in Folge des Bergbaus ohne künstliche Entwässerung der Stollen heute meterhoch unter Wasser stünde.

Würde die Natur sich selbst gehören, so Wesche, könnte der Mensch nicht so ausbeuterisch und zerstörerisch gegen die Natur vorgehen. Heute gibt es weltweit bereits hunderte von Fällen, in denen Gerichte und Parlamente der Natur einen subjektiven Rechtsstatus verliehen hat.

Wesche begründet die Richtigkeit dieser Maßnahme damit, dass die Natur eigene Rechte an den von ihr zu Verfügung gestellten Produkten hat. So wie jeder Mensch ein Recht an den Dingen hat, die er selbst herstellt, muss auch der Natur dieses Recht zugestanden werden.

Wesche vergleicht die heutigen Zustände u.a. mit der Sklaverei. Die Ausbeutung von Menschen in Gefangenschaft und ohne Rechte wurde schon lange beendet. Die Natur wird aber nach wie vor nicht für ihre Leistung vergütet, was ihr aber im Sinne der Gleichbewertung von Arbeit aber zustünde. Somit sind die Ökosystemdienstleistungen für Wesche eine wesentliche Begründung dafür, dass die Natur sich selbst gehören muss. Dies sei aber nur dann möglich, wenn die Natur einen subjektiven Rechtsstatus, vergleichbar einer juristischen Person wie einer Firma, einer Stiftung oder einem Verein, erhält.

Im Dritten und letzten Teil geht das Buch den Auswirkungen subjektiver Eigenrechte nach. Das achte Kapitel des Buches leitet der Autor mit folgenden Worten ein: „In der Geschichte und der Gegenwart vermochten es Umweltrechte, Naturethiken und Ökowirtschaften nicht, der Erderwärmung, dem Artensterben, der Ressourcenerschöpfung und der Globalvermüllung auch nur annähernd Einhalt zu gebieten. Jede neue Strategie der Nachhaltigkeit muss deshalb zunächst der Ursache für diese Schwäche Rechnung tragen, ansonsten ist sie zur Folgenlosigkeit verdammt.“ (S.249). Daher braucht es eine juristische „Waffengleichheit“, durch die Anerkennung der Natur als juristischer subjektiver Rechtsperson.

Resümee: Es ist streckenweise echte Arbeit die fast 350 Seiten durchzulesen. Belohnt wird es am Ende mit einem tiefgreifenden Verständnis für ein zentrales Problem unserer Umweltzerstörung und für den Ansatz eines Lösungsvorschlages. Wer auf Basis unserer Gesellschaft und unseres auf römischem Recht fußenden juristischen Systems einen besseren Umwelt- und Naturschutz möchte, hält mit diesem Buch ein Grundlagenwerk in Sachen Eigentumsrechte der Natur in den Händen. Ein gutes Handwerkszeug, um besser argumentieren zu können. Daher sei es jedem Kämpfer für die Natur anempfohlen.

Helmut Scheel

Kreislaufwirtschaft bedingt Rechte der Natur

von Helmut Scheel

Kreislaufwirtschaft bedingt Rechte der Natur

Das Thema Kreislaufwirtschaft nimmt in den letzten Jahren an Bedeutung zu. Recycling und Reparatur sind nur weitere Schlagworte in diesem Themenfeld. Historisch ist das alles nichts Neues. Bereits im alten Ägypten wurden behauene Steine von verlassenen Tempeln oder Gebäuden in neu zu errichtende wieder integriert. Der Grund: Steine neu aus Steinbrüchen zu brechen, zu transportieren und zuzuhauen war viel aufwendiger als bereits Gebrauchsfertige wiederzuverwenden. Dieses Verfahren und ähnliches zog und zieht sich dem Prinzip nach durch alle Kulturen bis zu jenem Zeitpunkt als die Neuanschaffung billiger wurde als die Aufbereitung von Bestehendem und Existierendem. In meiner Jugend war es noch üblich, dass meine Mutter Strümpfe, Hosen, Mäntel usw. stopfte und flickte, weil man sich eine Neuanschaffung nicht leisten konnte.

Die Reparatur eines Werkzeuges oder Elektrogerätes war Standard.

Jedes Fachgeschäft nahm Produkte, welche man bei ihnen gekauft hatte oder welche man bei ihnen hätte kaufen können, wie selbstverständlich für Reparaturaufträge an. Im Laufe der 70er und 80er Jahre änderte sich dies, weil die Produktion von Gütern, bedingt durch verschiedene Umstände, billiger wurde wie die Reparatur oder Umarbeitung. Einige dieser Gründe waren steigende Löhne. Diese wirkten sich gleich doppelt negativ auf Reparaturen aus. Zum einen stiegen die Kosten für die Wiederherstellung und zum zweiten konnten sich die Menschen mehr leisten.

Neues gewann an gesellschaftlicher Achtung.

Neu galt als besser, wie etwas Repariertes. Ein zweites war die zunehmende Berufstätigkeit der Frauen. Dadurch stiegen die Familieneinkommen und man konnte sich noch mehr leisten. Drittens wurden durch die Automatisierung und die Verlagerung von Arbeit in Billiglohnländer die Produkte im Verhältnis zum Einkommen immer billiger. Ein weiterer Schub zur Konsumorientierung und daraus folgernd der Wegwerfgesellschaft. Die Produktzyklen wurden immer kürzer, damit man mehr verkaufen konnte. Immer das Neueste zu besitzen und zu präsentieren, zeugte von dem persönlichen gesellschaftlichen Status. Der American Way of Life – vom Tellerwäscher zum Millionär – wurde auch in Deutschland zu einem Lebensmotto.

Wirtschaftswachstum in BIP wurde zum Staatsziel Nummer eins

Man wollte bei den Gewinnern der Gesellschaft sein und nicht bei den Verlierern. Ein vierter und nicht zu vernachlässigender Aspekt war die Zunahme von Krediten. Damit wurden viele Anschaffungen möglich, für den sogenannten kleinen Mann, welche er sich sonst nur mit Ansparen nicht geleistet hätte. Getrieben von einem gewissen gesellschaftlichen Druck, dem Dazugehören, schaffte man sich immer schneller und häufiger ein neues Auto, einen Fernseher, neue Waschmaschinen und andere Haushaltsgeräte an. Die Werbung in den unterschiedlichen Medien befeuerte diese Entwicklung und kann als Punkt 5 angesehen werden. Als Sechstes gilt unser politisches System und das Gesetz aus dem Jahre 1967, welches sich „Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft“. Darin wird der Zwang des ständigen Wirtschaftswachstums staatlich festgeschrieben. Doch nicht nur das allein, sondern Wirtschaftswachstum wird im Prinzip zum Staatsziel Nummer eins erhoben.

Das BIP belohnt die Zerstörung

Als Gradmesser des Wirtschaftswachstums gilt das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Dieses beinhaltet alle in Deutschland produzierten Güter und erbrachten Dienstleistungen, welche mit Geld bezahlt werden. Die Geldmenge, welche aufgrund dieser erbrachten Leistungen definiert die Höhe des BIP. Der Begriff und die Bedeutung des Bruttoinlandsprodukts gehen auf John Maynard Keynes und das Jahr 1940 zurück. Es sollte die Volkswirtschaften vergleichbar machen und damit die Staaten in einen wirtschaftlichen Wettbewerb führen. Was bedeutet dies nun für die Wirkung auf unser Thema? Ein System, bei welchem nur der Geldfluss zählt, missachtet die Bedeutung von non-monetären Leistungen. Der Wert der Ehrenämter wird eliminiert, obwohl diese eine hohe gesellschaftliche Relevanz besitzen und ohne die unsere Gesellschaft nicht so gut funktionieren würde.

Das BIP ignoriert nicht-monetären Tätigkeiten die für unseren Wohlstand so wichtig sind

Erziehungsarbeit der Eltern, Pflegearbeit an Angehörigen, Nachbarschaftshilfe und vieles andere fließen nicht in das BIP ein. Daraus ergibt sich ein Problem für unsere Gesellschaft: Die immer größer werdenden Probleme, Menschen für derartige Tätigkeiten zu gewinnen. Immer mehr Vereine werden aufgelöst, weil sich niemand mehr ehrenamtlich engagieren will, weil die gesellschaftliche Achtung dieses Engagements sinkt, weil Achtung immer mehr mit Verdienst in Bezug gebracht wird. Das System des BIP wird sogar noch pervertiert. Unfälle, Krankheit und Katastrophen fließen positiv in das Bruttoinlandsprodukt ein, weil dadurch wieder Geld in Fluss kommt, und dieses wird ja im BIP gemessen. Die Katastrophe im Ahrtal als Beispiel fließt mit einem Volumen von über 30 Mrd. Euro in den nächsten Jahren ein, weil das Zerstörte wieder aufgebaut wird. Ist Zerstörung wirklich als positiv zu werten? Diese Frage dürfte uns alle wohl nur zu einer Antwort führen: Nein.

Was wäre aber, wenn unser gesamtes Wirtschaftssystem von Zerstörung lebt oder zumindest hauptsächlich von ihr?

Betrachten wir diese Hypothese. Nachdem immer neue Produkte in immer schnelleren Zyklen produziert werden, braucht es immer mehr Ressourcen, damit diese produziert werden können. In der Landwirtschaft werden die Böden immer mehr ausgelaugt, weil die Sorten immer mehr an Nährstoffen benötigen, um den gewünschten Ertrag zu erbringen. Wir Menschen haben dafür eine Lösung gefunden, die war früher normale organische Düngung und heute ist es Kunstdünger, welcher mit viel Energieaufwand hergestellt wird. Die Böden werden mehr und mehr ausgelaugt und der Bedarf an Kunstdünger steigt. Ein Teufelskreis der Bodenzerstörung. Auf einem Hektar dieserart bewirtschafteter Fläche gehen jährlich ca. 20 Tonnen Ackerboden verloren. Das bedeutet konkret Zerstörung von wertvollem Boden, um daraus Profit zu erzeugen und das BIP zu steigern.

Die Erzeugung oder Produktion von Nahrungsmittel auf Böden ist das eine, aber es wird auch z.B. Baumwolle angebaut. Die Textilindustrie braucht aber immer mehr von diesem natürlichen Produkt. Gab es früher zwei Kollektionen einer Marke, sprich Sommer und Winter, wurden irgendwann die Frühjahrs- und Herbstkollektionen mit eingeführt und heute wechseln diese Kollektionen im Monats- oder Zweimonatsrhythmus. Wurde früher Kleidung so lange getragen, bis sie irreparabel waren, so werden manche Kleidungsstücke, wie das Ein-Euro-Shirt, nur noch einmal getragen und dann weggeworfen. Der Ressourcenverbrauch ist jedoch unabhängig von der Häufigkeit des Tragens, sondern hängt stark von der Produktionsmenge und der Art der Herstellung ab. Auch in anderen Bereichen haben sich die Zyklen von neuen oder überarbeiteten Produkten deutlich erhöht.

Dies alles ist der Steigerung des BIP mit geschuldet und der darauf aufbauenden Sichtweise von Wohlstand.

Je mehr aber produziert wird, umso mehr wird aber auch zerstört. Alle unsere Ressourcen sind letztlich Rohstoffe aus der Natur. Jedes Erz, jedes Mineral, alle fossile Energieträger sind auf natürliche Weise entstanden. Jede Förderung und Entnahme ist eine Störung und Zerstörung dieser natürlichen Struktur. Die Verlagerung von Stoffen und deren Umwandlung in andere Stoffe und Produkte führt zu einem asymmetrischen Verhältnis gegenüber dem natürlichen Zustand. Dieses ist systemimmanent. Daraus ergibt sich die Logik, dass wir die Zerstörung der Natur brauchen, um unser Wirtschaftssystem am Laufen zu halten. Wir opfern die Natur und verbrauchen sie, damit wir einem Glauben hinterherlaufen, welcher sich als falsch erwiesen hat.

Warum hat sich dieses Wirtschaftssystem als falsch erwiesen?

Warum hat sich dieses Wirtschaftssystem als falsch erwiesen? Wir sehen seit 50 Jahren die Entwicklung vorher, wie wir unseren Planeten und damit unsere Lebensgrundlage zerstören. In diesem Zeitraum hat sich alles noch mehr verschlimmert, obwohl eine gegenläufige Erkenntnis vorhanden ist. Erkenntnis allein bringt also nichts. Der Mensch und sein Gehirn sind auf Faulheit programmiert.

Appelle reichen nicht

Unser Gehirn verbraucht im Ruhezustand bereits ca. 20 % bis 25 % unserer Energie und das, obwohl es vom Gewicht nur wenige Prozent unsere Körpermaße ausmacht. Am wenigsten Energie benötigt es, wenn es Routinen oder gewohntes verarbeitet. Jede Veränderung erhöht den Energiebedarf des Gehirns. Da es sich aber für das Energiesparen angelegt ist, versucht es jede Veränderung zu vermeiden und motiviert uns als Person Veränderungen zu meiden. Es gibt eine Ausnahme: Wenn die Veränderung dauerhaft einen noch geringeren Energiebedarf verspricht oder das Belohnungssystem aktiviert wird. Da das bisherige Wirtschaftssystem uns immer bequemer werden ließ, ist an dieser Stelle gesellschaftlich ein Umdenken auf Basis von Erkenntnis fast unmöglich. Das ist aus meiner Sicht der Grund, warum all die Appelle nicht fruchten.

Gibt es noch eine andere Möglichkeit?

Erst wenn jeder selbst die negativen, und das meint persönlich negative, Auswirkungen spürt und damit sein Leben unbequemer wird, wird er oder sie konkret beginnen über Veränderungen nachzudenken. Jetzt stellt sich die Frage, ob es in einem freiheitlichen, demokratischen System wie dem unseren noch eine andere Möglichkeit gäbe.

Die Antwort ist ein klares Ja.

So wie der Staat 1967 ein Gesetz erlassen hat, in welchem wirtschaftliches Wachstum als Staatsziel definiert ist, so kann der Staat Gesetze erlassen, welche die Lebensgrundlagen der Menschen schützt. Die Ausformulierung von vielen einzelnen Gesetzen würden von einer Vielzahl der Menschen als Verbotskultur bezeichnet werden. Wenn das Fällen von Bäumen verboten würde, der Bau von Straßen, der Neubau von Häusern auf der grünen Wiese, Verbot von Kunstdüngern und vieles andere mehr. Dies würde zwar alles dem Schutz der Natur und damit unserer Lebensgrundlagen dienen, würde aber unserem freiheitlichen Demokratieverständnis widersprechen.

Die Natur mit Rechten ausstatten

Wir müssen unsere Lebensgrundlage, sprich die Natur, mit gleichen Rechten ausstatten, wie wir sie den Firmen zugestehen, die diese Grundlagen zerstören. Derzeit gelten Firmen als juristische Person, nicht jedoch die Natur und die Tiere. Diese Benachteiligung hat massive Auswirkungen. Firmen und Personen können meist erst nach negativen Eingriffen in die Natur zur Verantwortung gezogen werden. Sprich erst, nachdem etwas zerstört wurde, kann seitens von Verbänden gegen die Zerstörung etwas unternommen werden. Mittlerweile hat sich an der Stelle zwar schon manches verbessert, da Verbände bereits bei manchen Planungen gehört werden müssen und Klagerecht haben, jedoch trotzdem dem Ganzen immer hinterherlaufen. Würde die Natur einen Status vergleichbar einer juristischen Person wie einer Firma erhalten, könnte sie, vertreten durch Verbände oder gar Privatpersonen, selbst klagen.

Hinzu käme ein Recht auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes.

Dieses Recht hätte die größten Auswirkungen auf unser Wirtschaftssystem und würde dem Natur- und Klimaschutz am meisten dienen. Es würde das derzeitige Wirtschaftssystem vom Kopf auf die Füße stellen. Jeder Eingriff in die Natur könnte als Verletzung der Natur angeklagt werden. Die Natur könnte die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes einklagen. Damit müsste bei jedem Eingriff in die Natur der Rückbau und die Wiederherstellung des vormaligen Zustandes eingepreist werden.

Daraus ergibt sich ein System, bei welchem die Zerstörung der Natur von Beginn an in die Bepreisung des Produktes einfließen. Bei der Gewinnung der Kohle müsste der Rückbau einer Mine und die Herstellung des vorherigen Zustandes mit einem Preis versehen werden. Dieser Preis ergibt sich durch die Kosten, welche dafür notwendig sind, und zwar zu dem Zeitpunkt, an dem das Produkt aus der Erde gewonnen wird. Dieses Geld würde auf ein Treuhandkonto der Natur einbezahlt werden. Dafür würde eine Trust Nature Bank gegründet werden, welche dieses Geld verwaltet und an jene entsprechend einem Wiederherstellungsindex ausbezahlt.

Das Ganze hätte einen weiteren Vorteil und zwar auf die negative Wirkung unseres Finanzsystems.

Durch die direkte Einzahlung auf das Treuhandkonto würde dem Finanzsystem Geld entzogen, welchem dem Konsum fehlen würde. Weniger Konsum bedeutet weniger Belastung für die Natur. Die gesamten Kosten wären teilweise so enorm und würden eine Ausbeutung von so mancher Lagerstätte als unrentabel erscheinen lassen. Die Produktion neuer Produkte würde sich systembedingt deutlich verteuern und die Reparatur und das Recycling hätten auf einmal wieder einen wirtschaftlichen Vorteil. 

Sprich: Wenn der Natur ein Recht auf Unversehrtheit wie dem Menschen zustünde, dann könnte sie ein Recht auf Genesung einfordern. Wenn ein Mensch durch einen anderen verletzt wird, muss der Verletzende dem Verletzten den ihm entstandenen Schaden ersetzen und dazu gehören die Kosten für die Wiederherstellung der Gesundheit. Wenn einer Firma ein Schaden zugefügt wird, kann die Firma als juristische Person den Schädigenden ebenfalls zum Ausgleich des Schadens und auf Wiedergutmachung verklagen. Genau dies würde die Einführung eines personalen Rechtsstatus der Natur in unser Grundgesetz bedeuten. Dies würde eine massive Förderung der Kreislaufwirtschaft hervorrufen. Wir kämen auch wirtschaftlich in eine neue bzw. alte Spur, welche einen Bewusstseinswandel in unser aller Köpfe hervorrufen würde. Es wäre ein juristisches Eingeständnis, dass der Mensch Teil der Natur ist und wir die Natur als Teil unseres Lebens voll und ganz akzeptieren.

Helmut Scheel 07.05.2023